London war als Gerichtsstand für internationalen Streitigkeiten lange erste Wahl, insbesondere in Handelssachen. Durch den Brexit könnte sich das nun ändern. Denn die gemeinschaftlichen Vorschriften hinsichtlich Zuständigkeit, Parallelverfahren und grenzüberschreitender Vollstreckung werden nach der Übergangsphase gem. Art. 50 EUV hinfällig. Das Vereinigte Königreich wird demnach nur mehr den Status eines Drittstaates erhalten, für den dann wieder die mittlerweile veralteten, gerade mal sechs bilateralen Abkommen der 1930er bis 1960er Jahre gelten würden.
Natürlich wird auch dieses Thema zu verhandeln sein. Im Vergleich zu weitaus dringenderen Themen allerdings sicherlich nicht mit oberster Priorität und im Zweifelsfalle auch nicht mit einer komfortablen Verhandlungsposition gegenüber der EU. Denn ähnlich wie Frankfurt als Finanzplatz durch den Brexit eine neue Chance erhält, werden auch im Rechtsbereich die übrigen EU-Mitgliedsstaaten kein Interesse daran haben, die Dominanz ausgerechnet eines Nicht-EU-Staates in Sachen Streitbeilegungsverfahren aufrecht zu erhalten.
Logischerweise würde für innergemeinschaftliche Streitigkeiten EU-Recht anzuwenden sein. Dies möchte man kaum von einem Drittstaatengericht entschieden wissen. Außerdem gibt es neben England bereits jetzt jede Menge EU-Staaten mit moderner und qualifizierter (Schieds-) Gerichtsbarkeit, die darüber hinaus zumeist auch günstiger ist. Vor diesem Hintergrund erscheint die Wirksamkeit eines UK-Gerichtsstands nicht mehr in jedem Fall garantiert. Aufmerksame Praktiker werden daher zumindest vorläufig von solchen Vereinbarungen absehen.
Das British Institute for International and Comparative Law hat zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Prozessrecht in Luxemburg ein Seminar zu dem Thema abgehalten, dessen Verlauf hier nachzuverfolgen ist.