Der Onlinehandel boomt. Günstige Plagiate bleiben da nicht aus. Rechteinhabern stehen aber zunehmend mehr und wirksamere Instrumente zur Verfügung. Wie man sie gebraucht.
In der VR China gilt hinsichtlich geistiger Eigentumsrechte das Erstanmeldeprinzip (First-to-file, FTF). Das bedeutet, dass Anstrengungen gegen Rechtsverletzungen fruchtlos bleiben werden, solange das betreffende Recht nicht in China angemeldet wurde. Am besten angemeldet, registriert und beim Zoll registriert. Im Bereich des elektronischen Handels/E-Commerce geht es dabei weniger um Patente, als vor allem um Marken. Denn wer eine schicke Handtasche herstellt und sie mit dem Logo einer italienischen Modemarke versieht, verletzt deren Markenrechte. Und während der Verkauf eines solchen Plagiats auf lokalen Märkten in seinem Wirkungskreis entsprechend begrenzt ist, stellt er im Onlinehandel eine ungleich größere Bedrohung dar.
Wir haben den Onlinehandel in China bereits mehrfach beschrieben. Man unterscheidet einerseits zwischen B2B, B2C und C2C. Im Bereich der Akteure wiederum gibt es Direktverkäufer wie Amazon, Dangdang und 360Buy, außerdem Verkaufsplattformen wie Alibaba, Tmall und Wechat, auf denen gewerbliche und private Verkäufer zu finden sind. Überall dort werden Markenprodukte angeboten, teilweise echt, gelegentlich auch gefälscht.
Womit wir beim ersten Problem wären, nämlich wie soll man als Markeninhaber überhaupt feststellen, dass Plagiate des eigenen Produkts im Umlauf sind? Es sei schon vorab gesagt, die Chancen auf Schadensersatz sind eher gering. Daher wird empfohlen, Plattformen und soziale Netzwerke regelmäßig auf dieses Phänomen hin zu untersuchen. Die Aufgabe lässt sich für relativ kleines Geld auslagern. Denn die Chancen, das Produkt schnell vom elektronischen Markt zu nehmen, sind vergleichsweise groß.
Wir haben es schon erlebt, dass noch während der Produktion irgendwo in Kanton, also bevor der Kunde/Auftraggeber selbst sein Produkt überhaupt erhalten hatte, Plagiate desselben auf Alibaba aufgetaucht sind. Ein ziemlicher Schock, wie man sich vorstellen kann. Abhilfe ist aber recht einfach möglich. Denn sämtliche Anbieter und Plattformen sind dazu verpflichtet, ein Hilfezentrum für derartige Rechtsverletzungen einzurichten und zu unterhalten. Das klappt tatsächlich auch recht gut, zumindest sofern man des chinesischen mächtig ist. Natürlich muss man nachweisen, tatsächlich der Rechteinhaber zu sein, oder zumindest in dessen Auftrag zu handeln. Sofern die Online-Hilfe nicht recht klappt, was mitunter der Fall ist, kann man auch problemlos anrufen und einfach den Fall schildern. Die Plattformen und Direktanbieter sind dann verpflichtet, den entsprechenden Eintrag zu entfernen, Informationen über den Anbieter zu liefern und größere Vorfälle den Behörden zu melden. Übrigens: Zur Beweissicherung wird dringend empfohlen, zuvor alle gefundenen Seiten der Plagiatsanbieter/Verkäufer zu kopieren. Nach dem Entfernen des Eintrags hat man mehrere Optionen.
Einerseits kann man den Verkäufer direkt kontaktieren und zu einer formellen Unterlassungserklärung veranlassen. Selbstverständlich auf chinesisch und nach chinesischem Recht, sonst kann man es auch gleich lassen. Sollte es sich um eine größere oder gar (kriminell) organisierte Aktion handeln, besteht zunächst die Möglichkeit einer formellen Anzeige bei der entsprechenden Plattform. Nach mehreren derartigen Anzeigen werden solche Verkäufer dann automatisch blockiert. Schließlich kann den Vorfall auch bei den Behörden anzeigen und Zivil- und Strafverfahren anstrengen – ausführlich bereits hier dargestellt.
Die bestehende Rechtslage sieht eine Haftung von Direktanbietern und Plattformen vor, sofern sie ihre Sorgfalt bei der Überprüfung von Verkäufern verletzen, oder nicht auf Beschwerden reagieren. Bis jetzt finden sich zahlreiche Vorschriften in Einzelgesetzen sowie in untergesetzlichen Regelungen. Zuletzt im Oktober diesen Jahres wurde den Strafverfolgungsbehörden sogar die Möglichkeit eröffnet, ohne Gerichtsbeschluss auf in diesem Zusammenhang verdächtige Kommunikation zuzugreifen. 2017 schließlich soll das seit 2013 geplante Onlinehandelsgesetz (电子商务法) verabschiedet werden. Es wird sicher nicht hinter den bestehenden Regelungen zurückbleiben und die Position von Rechteinhabern weiter stärken.