Nicht der Rede Wert? Das EU-China Investitionsschutzabkommen

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Während TTIP und neuerdings auch CETA in aller Munde sind, haben die Verhandlungen über ein Investitionsschutzabkommen mit China bisher keine allgemeine Aufmerksamkeit erregt. Dabei sollen diese Verhandlungen ebenfalls in ein Freihandelsabkommen münden.

Die EU unterhält derzeit über 70 Dialogformate mit der VR China. Gemeinsam ist ihnen, dass sie keine greifbaren Ergebnisse liefern. Im Falle des EU-China Investitionsschutzabkommens (Bilateral Investment Agreement, BIA) könnte das anders sein. Denn beide Seiten leiden unter nachlassendem Wirtschaftswachstum und haben gute Gründe zu einem Abschluss zu gelangen.

Die Motive

Fast alle Mitgliedstaaten, so auch Deutschland, haben bereits seit längerem bilaterale Investitionsschutzabkommen mit China geschlossen. Solche Abkommen dienen dem Schutz bereits getätigter Investitionen vor Ort und sind absolut üblich. Der EU selbst dient das Trade and Economic Cooperation Agreement von 1985 als Grundlage ihrer Wirtschaftsbeziehungen. Seit den 80er Jahren hat sich die Situation jedoch dramatisch verändert, das gegenwärtige Abkommen wird dem nicht mehr gerecht. Nachdem die Verhandlungen über ein ähnlich grundsätzliches Werk wie das von 1985 nunmehr gescheitert sind, haben sich die Parteien auf den Abschluss des BIA gefolgt von einem Freihandelsabkommen (FTA) geeinigt.

Der Mehrwert gegenüber dem Status quo liegt für die EU und ihre Mitgliedstaaten vor allem in einem geplanten Passus zu den Themen Marktzugang und Liberalisierung. Denn wie immer wieder berichtet wird, zuletzt in einer Umfrage der EU-China Handelskammer, bereiten der Mangel an Transparenz, Markteintrittsbarrieren (wie etwa die Negativliste und der Zwang zu Joint Ventures in bestimmten Branchen), nicht tarifäre Handelshemmnisse, die Bevorzugung vor allem von Staatsunternehmen sowie eingeschränkte Finanzierungsmöglichkeiten zunehmend Probleme. In letzter Konsequenz werden derart grundlegende Prinzipien der chinesischen Wirtschaftspolitik in Frage gestellt. Zu Recht übrigens, denn mit Auslaufen der WTO-Übergangsfrist Ende 2016 wird es immer schwieriger werden, China den Status einer Marktwirtschaft zu verweigern.

Die chinesische Seite hat hinsichtlich Marktzugang und Liberalisierung wenig zu beklagen. Demgegenüber wäre für sie bereits eine EU-einheitliche Regelung mit reduzierten Exporthindernissen von Vorteil. Denn mittlerweile ist China nicht nur per se eine der führenden Nationen mit ausländischen Direktinvestitionen. Auch stellt die EU einen großen und sicheren Hafen für chinesische Investitionen der gegenwärtigen Entwicklungsstufe dar. Nachdem Energie und Rohstoffe in Entwicklungsländern gesichert sind, bedarf es nun zunehmend eines Portfolios mit Hochtechnologie und (hidden) Global Champions. Folgerichtig hatte sich China eigentlich direkt den Abschluss eines FTA erhofft.

TTIP und darüber hinaus

Auch TTIP, die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft, spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Denn China ist der Zugang zu TTIP verwehrt, ebenso wie zur transpazifischen Partnerschaft (Trans-Pacific Partnership, TPP). Dabei hat sich schnell herumgesprochen, dass „die alte Welt“ damit neue Maßstäbe für Handel und Investitionen in der Neuzeit setzen könnte, die auch von China nicht ignoriert werden könnten. Das Drängen auf einen baldigen Abschluss von TTIP wird vor diesem Hintergrund erst nachvollziehbar. Denn so kritisch man gegenüber Intransparenz und Gentechnik auch sein mag, es erscheint als geringeres Übel gegenüber einer von außerhalb bestimmten Ordnung. Anstatt pauschal das „ob“ in Frage zu stellen sollte man stattdessen eher nach dem „wie“ fragen.

Die Umsetzung

Auch für das Abkommen mit China sind für Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten – ebenso wie zwischen Staaten untereinander – Sondergerichte unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgesehen. Die meisten der bestehenden Abkommen zwischen China und den EU-Mitgliedstaaten sehen dies bereits vor. Im Kern geht es dabei um die Höhe von Kompensationszahlungen für den Fall von Enteignung. Angesichts nach wie vor bestehender rechtsstaatlicher Defizite in China erscheint eine Schiedsgerichtsbarkeit allerdings nicht von vorneherein als die falsche Wahl.

Ansonsten ist noch nicht viel über den Inhalt bekannt. Die EU jedenfalls verkündet auf ihrer Website, dass man sich darüber einig sei, insbesondere Marktzugang und Diskriminierung zu verbessern. Sollte das zutreffen, wäre ein neuer Deal unbedingt begrüßenswert. Offensichtlich hat sich die EU dieses Mal auch nicht auseinanderdividieren lassen, sondern erscheint recht stringent in ihrer Strategie: Kein FTA ohne BIA, kein BIA ohne Liberalisierung. Das mag auch daran liegen, dass die Kommission hier eine Kompetenz an sich gezogen hat, über die der EuGH noch zu befinden hat. Ob sich die genannten Ziele dann am Ende tatsächlich erreichen lassen, wird die nächste Frage.