Einen Mangel an Kontinuität kann man der chinesischen Regierung auch dieses Jahr nicht vorwerfen. Alljährlich im März finden die Sitzungstage der etwa 3000 Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses statt. Die Abgeordneten sind von Partei und Regierung bestimmte Vertreter der unterschiedlichen Regionen und Bevölkerungsschichten und versammeln sich, um über den roten Faden der weiteren Entwicklung zu diskutieren. Dabei werden notwendige Stellschrauben justiert, um die seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik vor nunmehr fast 40 Jahren unveränderten beiden Prämissen der Partei zu verfolgen: Wirtschaftswachstum und Machterhalt.
Dieses Jahr ist das letzte des derzeitigen 12. Fünfjahresplans im Zeichen des großen Traums. Seine Umsetzung wird weiter konsequent forciert, was man etwa an den gestiegenen Militärausgaben erkennen kann. Schon länger arbeitet man daran, in puncto Wirtschaftswachstum künftig mehr auf Qualität anstatt auf Quantität zu setzen. Das ist bis jetzt immerhin erfolgreich, was die Entwicklung Chinas von der Werkbank der Welt zu höherwertigen Dienstleistungen und Produkten angeht. Die Umweltverschmutzung dagegen ist augenscheinlich nicht so leicht in den Griff zu bekommen (https://beckadvo.com/?s=umweltschutz). Allein der seit Jahren exponential steigende Energiebedarf macht eine rasche Verbesserung unmöglich.
Aber auch die dringend benötigten Strukturreformen werden noch lange Zeit in Anspruch nehmen. Hier setzt man dieses Jahr zunächst einmal kurzfristig auf höhere Infrastrukturausgaben. Auch im Dienstleistungssektor sollen weitere neue Jobs entstehen, denn Arbeitslosigkeit ist mittlerweile ein durchaus drängendes Thema geworden. Weil sich aber die Staatseinnahmen aufgrund des etwas abgeschwächten Wachstums verringern, muss man 2015 mit einem deutlichen Haushaltsdefizit rechnen. Langfristig zeigt aber gerade das abgeschwächte Wachstum, dass sich strukturelle Defizite nicht mehr auf die lange Bank schieben lassen: Die Wirtschaft muss effizienter und auch fiskalisch in geordnete Bahnen gelenkt werden.
Die wilden Jahre des Booms neigen sich langsam dem Ende. Während früher vieles verboten und fast alles möglich war, hat im wirtschaftspolitischen Bereich eine Art Liberalisierung und Internationalisierung eingesetzt, die jedoch mit einer effektiveren administrativen und politischen Regulierung einhergeht. Vereinfacht gesagt ist in Folge dessen zwar immer weniger verboten, aber auch faktisch weniger möglich. Das ist zunächst einmal positiv, denkt man allein an Korruption, Steuerflucht oder die Einhaltung von Umweltauflagen. Oder an die zahllosen gunstanhängigen Erlaubnisse, derer es zur Errichtung eines Unternehmens in China bedarf.
Andererseits haben Unternehmen – stattdessen oder weiterhin – umfassende Offenlegungspflichten, die in der Regel weiter gehen als international üblich. So soll sogar die faktische Beherrschung ausländisch organisierter Investitionsvehikel (Stichwort VIE) künftig offengelegt werden. Auch die plötzliche Durchsetzung etwa von Wettbewerbs- und Kartellrecht gerade gegenüber ausländischen Niederlassungen hat für einige Irritationen gesorgt (https://beckadvo.com/?s=wettbewerbsrecht). Schließlich ist zu erwähnen, dass die chinesische Mauer nun auch virtuell kaum durchlässig geworden ist. Etwa bei der Frage einer chinesischen Internetpräsenz steht man dadurch regelmäßig vor der Frage, eine erhebliche Verzögerung oder Ausfilterung bei der Übertragung von ausländischen Servern oder eine schnelle aber gläserne Lösung vor Ort in Kauf zu nehmen.
Das Experiment mit der sozialistischen Marktwirtschaft und den chinesischen Charakteristika geht also weiter.